Digitales Leben, Gedanken
Kommentare 9

Urheberrecht sucks oder Kann mir das bitte mal einer erklären?

Ich stehe auf dem Kriegsfuß mit dem blöden Urheberrecht. Klar weiß ich, dass ich das gedruckte Werk meines Liebslingsautors nicht durch den Kopierer jagen darf, um die Kopie dann meiner besten Freundin zu schenken (oder darf ich das womöglich doch?), aber was das Urheber-, Foto- oder sonstwie Recht in Blogs oder den sozialen Netzwerken angeht, bin ich bisweilen echt überfragt. Das ist natürlich dumm für jemanden wie mich (und vermutlich für tausende andere auch), der Gesetze durchaus achtet, nur sich manchmal nicht in der Lage dazu sieht, da diese nicht in verständlicher Form publiziert werden.

Ich will das mal an einem Beispiel erklären.

Gerade bei Facebook stolpere ich regelmäßig über wirklich tolle Fotos und nicht weniger schöne Zitate – oft auch in Bildform – die ich gerne teilen möchte. So auch über eins von Karl Valentin, das ich hier nicht zitieren möchte, da ich mich damit vermutlich schon strafbar machen würde. Nun, dieses Zitat fand ich in Bildform, habe es mir als JPG heruntergeladen aber nicht gepostet, da ich nicht ausmachen konnte, von wem das Bild – nicht das Zitat – ursprünglich stammte. Also nahm ich ein von mir geschossenes Foto, ein Bildbearbeitungsprogramm und zitierte Karl Valentin in meinem Foto, was ich auch postete.

Kurze Zeit später bekam ich von einem meiner Fans eine Nachricht, die da lautete: “Karl-Valentin-Zitat: Vorsicht. Die Erbin lässt alle Zitierer unnachgiebig verfolgen und ihnen eine Strafe aufbrummen. Diese Erfahrung haben schon einige aus meinem Kollegenkreis gemacht. Noch ist K. V. nicht gemeinfrei!”. Daraufhin löschte ich das Foto umgehend.

Nachfolgend überlegte ich mir, ob ich das Urheberrecht auch gebrochen hätte, wenn ich das erste heruntergeladene Bild inkl. Zitat ausgedruckt hätte, das gedruckte Papier zum Beispiel auf einen Stapel Bücher gelegt, als Stillleben fotografiert und dieses Foto dann gepostet hätte. Das Recht am Bild wäre dann ja meins, oder?, aber was ist mit dem auf dem Foto befindlichen Zitat??

Wen darf ich überhaupt – selbstverständlich mit Angabe des Namens – zitieren? Wieviel Jahre muss der denn nun tot sein? Goethe ja, aber Valentin nein? Und an wen müsste man sich überhaupt wenden, wenn man ein Zitat nutzen möchte? Ich könnte zum Beispiel Astrid Lindgren den lieben langen Tag zitieren, Oetinger hat sogar ein Buch mit ihren Zitaten herausgebracht (sehr lesenswert: “Steine auf dem Küchenbord”). Muss ich mich an den Verlag wenden, um ein Zitat zu nutzen, oder an die Erben in Småland? Verletze ich das Urheberrecht auch, wenn ich zum Beispiel in einem Seminar mündlich zitiere?

Was ist mit dem Cover eines von mir erworbenen und selbst abgelichteten Buches? Wandere ich womöglich auch hier schon am Rande der Illegalität, wenn ich Coverabbildungen fotografiere und auf Facebook teile?

Was ist mit all den schönen Fotos bei Facebook? Wenn ich nun auf der Website des Fotografen XY ein tolles Foto finde und auf dieses bei Facebook verlinke, wird neben dem Link das Foto oft angezeigt, verletze ich damit schon das Fotorecht oder nur, wenn ich mir das Foto von der Website runterlade und es bei Facebook teile? Oder reicht es womöglich doch, einfach nur den Fotografen zu nennen?

Und was ist mit meinen Fotos? Auch diese wurden schon von weiteren Menschen geteilt. Darf ich die jetzt verklagen? Vielleicht lässt sich ja das Abmahnwesen als lukrativer Nebenerwerb ausbauen 😉

Fragen über Fragen, aber wo sind die Antworten – verständliche Antworten für Nicht-Juristen wie mich und viele andere Internetnutzer, Blogger oder Facebooker?
Sollte es diese Antworten schon irgendwo geben (in gedruckter Form, als Ebook, im Netz, als PDF oder was auch immer), lasst es mich wissen, teilt euer Wissen mit mir – aber immer schön alle Rechte wahren 😉

9 Kommentare

  1. Martina Bergmann sagt

    Es ist eigentlich ganz einfach: 70 Jahre pma Schutzfrist, und dann kannst Du machen, was Du willst. Wann das ist, sagen dir ein Lexikon und/oder Google. Alles zuvor, der ganze Kleinkram – Als Privatperson wäre ich unbesorgt. Kann sein, ein besonders arglistiger Erbe pingelt dich an, aber er müsste dir erst einmal einen (betriebswirtschaftlich relevanten), schlechten Vorsatz nachweisen, um einen justiziablen Fall aus einem Kleinstzitat zu machen. Als Gewerbetreibende sieht das anders aus; da würde ich sehr aufpassen, denn es sind nicht wenige Abmahnanwälte unterwegs, die mit Facebook-Spionage und Drohgebärden ein Geschäft zu machen versuchen.

    • Hallo Martina,

      sowohl das Urheberschutzrecht als auch das Leistungsschutzrecht machen meiner Meinung nach KEINEN Unterschied zwischen Privatperson und Gewerbetreibendem. Das macht die StVO auch nicht ;o)

      Groß nachweisen muss Dir auch keiner was. Du musst lediglich ein Zitat/Werk platzieren, das Du nicht verwenden darfst. Fertig. Und das passiert eben gerade häufig bei privaten Seiten. Weil diese nämlich – wie Du sogar empfiehlst – unbesorgt mit den o.a. Rechten umgehen. Das empfinde ich als äußerst gefährlich.

      Liebe Grüße,
      Stefan

  2. Hallo Stefanie,

    Du hast hier sehr schön zusammengefasst, was Internet-UserInnen wie Dich und mich derzeit besonders dann beschäftigt, wenn sie auf Twitter, Facebook, im eigenen Blog oder sonstwo Material veröffentlichen oder teilen.

    Bevor ich auf die eine oder andere Frage von Dir eingehe, noch ein paar kurze Worte zu mir: Ich bin kein Rechtsanwalt, kein Urheberrechts-Spezialist. Ich habe aber mit ML HISTORIC FILM einen kleinen Verlag, in dem ich eigene DVDs produziere und wo mich das Urheberrecht stetig begleitet. Der folgende Text spiegelt auch nur meine Meinung dar und ist keinesfalls rechtsverbindlich.

    Jetzt aber zu einigen Deiner Fragen, ich beginne mal mit Karl Valentin:

    Der Hinweis aus Deinem Kollegenkreis war gerechtfertigt. Die Erben Valentins gehen tatsächlich verstärkt mit Abmahnungen gegen Zitierende vor. Und auch zu recht. Aber warum das? Grundsätzlich gilt in Deutschland eine Zitierfreiheit. Spätestens aber mit dem BGH-Urteil vom 30.11.2011 (Az. I ZR 212/10) wurde diese aber jedoch deutlich eingeschränkt. Du darfst Zitate nur verwenden, wenn Du Dich geistig mit Ihnen auseinandersetzt. Das reine platzieren von Zitaten um ihrer selbst willen (also nur, um sie zu zitieren), ist ohne Genehmigung des Rechteinhabers nicht erlaubt, solange das Werk noch unter das Urheberschutzrecht fällt. Dieses erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.* Erst danach wird ein Werk gemeinfrei (Public Domain) und kann von Dir meiner Meinung nach unter Beachtung der Zitatregeln guten Gewissens verwendet werden.

    Nochmals zur Klarstellung: Natürlich kannst Du heute auch Valentin, Loriot oder Erhardt zitieren. Dazu benötigst Du aber die Erlaubnis des Rechteinhabers, und der will in der Regel Geld dafür. Diese Erlaubnis wird Oetinger für die Lindgren-Zitate auch erworben/erhalten haben. Deshalb darfst Du es aber noch nicht ;o)

    Zu Deinem Stilleben: Mit obigem Urteil wurde es ebenso erschwert, andere Werke (auch Zitate) in eigene Kunstwerke zu integrieren. Ein privates Foto wird bei richterlicher Prüfung sicherlich nicht den Charakter eines Kunstwerkes erfüllen und somit ist es Dir – um Deine Frage zu beantworten – meiner Meinung nach nicht gestattet, Valentins Zitat auf einem Foto zu veröffentlichen. Spannende Details zu dem o.a. Urteil findest du unter http://www.internet-law.de/2012/06/bgh-zur-zitierfreiheit.html

    Zu den Covern von Büchern: Ich weiß es nicht, aber ich fühle da was. Um sicherzugehen, würde ich mir die Erlaubnis zur Veröffentlichung von den jeweiligen Verlagen holen.

    Zu den Facebook-Fotos: Hier antworte ich mit einer Gegenfrage. Wie gefällt Dir das folgende Szenario? Du wirst durch einen unglücklichen Zufall der Unfallflucht beschuldigt. Das ortsansässige Käseblatt bekommt davon Wind und am nächsten Morgen prangt Dein Profilfoto von Facebook auf der Titelseite. Dort hat man Dich gefunden und argumentiert: Auf Facebook war es doch auch allen zugänglich. Wäre nicht schön, oder? Deshalb gilt: Nur weil Du ein Foto online stellst, erlaubst Du nicht, dass jeder ohne Frage dieses Foto nutzt, teilt oder weiterverwertet. Wenn Du diesen Gedanken dann einmal für Dich zu Ende spinnst, kommt irgendwann auch so etwas wie Verständnis für Valentin´s Erben auf…

    Zu Deinen Fotos, die geteilt wurden: So lange Dich die Teiler nicht um Erlaubnis gefragt haben (nee, eigentlich: so lange Du das Teilen auf Nachfrage nicht gestattet hast) oder das Teilen von Dir nicht explizit grundsätzlich gestattet wurde, werden hier meines Erachtens Urheberschutzverletzungen begangen.

    Als Fazit gilt für mich bei allen Veröffentlichungen: Kein Material posten, welches ich nicht posten darf. Wenn ich nicht herausfinden kann, wer der Rechteinhaber ist (Verlag, Agentur, Person), dann sehe ich von einer Veröffentlichung ab. Hier gilt auch nicht die Ausrede: Ich habe den Inhaber nicht gefunden. Das ist Deine Pflicht.

    Ich hoffe, dass ich Dir ein paar Antworten geben konnte und wünsche Dir weiterhin guten Erfolg mit Deinem tollen Blog.

    Beste Grüße,
    Stefan

    * Derzeit gibt es bei Ton- bzw. Filmträgern noch eine Ausnahme. Dort gilt u.a. das Leistungsschutzrecht, dieses erlischt “bereits” 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers, eine Angleichung an das USR mit 70 Jahren ist jedoch schon auf dem Weg.

  3. Was Buchcover angeht, so stehen diese meist auf den jeweiligen Verlags-Webseiten offiziell zum Download für die Presse zur Verfügung. Man darf sie nur nicht weiter verändern.
    Liebe Grüße,
    anni

  4. Zu Coverfotos noch etwas. Einige haben von Getty Images Abmahnungen erhalten, weil sie Buchcover auf ihren Websites hatten (im Kontext einer Rezension o. Ä.), deren Fotos tatsächlich ursprünglich G. I. gehörten. ABER: Die Verlage hatten natürlich für die Veröffentlichung schon Lizenzen erworben. Die Software-Roboter suchen aber rigoros und unterschiedslos nach jeglichen Veröffentlichungen von G.-I.-Bildern im Netz und schicken Abmahnungen (teurer Spaß!). Die Betroffenen konnten dann mit Hilfe der Verlage nachweisen, dass es Lizenzen für die Nutzung gab. Ist aber sehr blöd, wenn man das als Individuum extra nachweisen muss. In einem Fall sollte eine Bloggerin sogar Strafe zahlen, weil _ein Kommentar_ ein Avatarbildchen benutzte, das ein G.-I.-Foto war. Man findet viele ähnliche Fälle durch Googlen von “Getty Images + Abmahnung”. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

  5. Timo sagt

    Bis Facebook & Co. kamen war irgendwie alles klar. Man darf fremde Texte und Bilder einfach nicht ohne Genehmigung verwenden – weder für das eigene Buch, die eigene Homepage, als Post bei Facebook oder an anderer Stelle online oder offline. Wobei auch dieses Wissen vielen schon fehlte.

    Aber wie ist es wirklich mit der Teilen-Funktion? Wenn ich annehmen kann, dass derjeniger, der das Posting bei Facebook gemacht hat, auch der Rechteinhaber ist, dann hat er doch eigentlich durch sein Posting dem Teilen bereits zugestimmt, denn er weiß ja, dass es diese Funktion gibt und sie auch genutzt wird, oder?

    Oder darf ich jetzt jeden meiner Freunde abmahnen, die einen Text oder ein Foto von mir, das ich bei Facebook eingestellt habe, geteilt haben?

  6. Das mit dem Urheberrecht online ist wirklich kompliziert, und gerade durch Plattformen wie Facebook oder Pinterest wird alles noch komplizierter für Nutzer. Bei Facebook ist es wohl auch so, dass man durch das Hochladen eines Bilds eine Unterlizenz vergibt, d.h. man bräuchte theoretisch nicht nur die Einwilligung des Rechteinhabers, es nutzen zu dürfen, sondern auch noch dazu, eine Lizenz an Dritte zu vergeben.
    http://omaxis.de/blog/urheberrechts-falle-abmahnung-fuer-fremde-fotos-auf-facebook/

    Ein wenig Licht ins Dunkle schafft aber z.B. die creative commons Lizenz, durch die man als Urheber recht unkompliziert auf seinem Blog oder seiner Website mit Hilfe der Symbole angeben kann, was er erlaubt und was nicht (z.b. Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung) Das hat den Vorteil, dass nicht für ALLES der Urheber kontaktiert werden muss, solange man sich an die angegeben Richtlinien hält. Schliesslich freuen sich einige Urheber ja auch über eine werbewirksame Verlinkung zur eigenen Seite! ; )
    Mehr zu den creative commons Lizenzen: http://de.creativecommons.org/was-ist-cc/
    Liebe Grüße!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert