Kaum sind Strom und Bäche vom Eise befreit, da flattern die ersten Vorschauen für das herbstliche Bücherprogramm ins Haus. Am 25. April begann für mich der literarische Herbst mit den Egmont-Vorschauen und mittlerweile ist der Katalogstapel zu einer beachtlichen Höhe herangewachsen. Man hat regelrecht das Gefühl, es sei eine Art Wettkampf entbrannt, wer seine Vorschau wohl zuerst beim Buchhandel oder der Presse platziert. War das eigentlich immer schon so? Ich meine mich zu erinnern, dass ich die Vorschauen vor einigen Jahren erst im Juni/Juli bekam, was ich übrigens aus vielerlei Hinsicht für sinnvoller erachte.
Viele der Neuerscheinungen aus dem Frühjahrsprogramm sind noch gar nicht ausgeliefert, geschweige denn von der Kinder- und Jugendredaktion besprochen. Und letztlich sollen die neuen Vorschauen ja auch Begehrlichkeiten wecken, was im Umkehrschluss aber auch bedeutet, dass das “alte” Frühjahrsprogramm schon wieder Schnee von gestern ist.
Was setzt das denn für ein Zeichen? Viele Bücher benötigen einfach eine gewisse Zeit, um auf dem Markt der rund 8.000 Neuerscheinungen (allein im Bereich Kinder- und Jugendbuch) Beachtung zu finden. Wie soll das möglich sein, wenn die Verlage bereits die Werbetrommel für das nächste Halbjahr rühren? Überall klagen wir über den Verfall der Lesekultur, aber die eigene Branche schaufelt ihr gerade ein Grab, indem sie in immer kürzeren Abständen die Bücher auf den Markt wirft und so die Literatur zum Wegwerfprodukt verkommt …
Seht ihr das genauso? Bin ich zu kritisch? Sehe ich vielleicht irgendwelche Vorteile nicht?
Auf Facebook fand ich übrigens zwei – wenn auch in Kai Meyers Fall eher unbewusst – sehr konträre Pinnwandeinträge:
Völlig d`accord. Und dann beklagen sich wieder alle, sie können sonst nicht davon leben, nur wenn sie noch mehr Bücher in noch kürzerer Zeit veröffentlichen. Da stimmt doch einiges nicht.
Ja, aber WER will das eigentlich so? Ich hör die meisten Verlage auch darüber klagen.
Und die Frühjahrsvorschauen kommen dann ja sowieso in der Vorweihnachtszeit oder noch früher und ich kann mir nicht vorstellen, welche Buchhändler dann dafür Zeit haben. Hat das was mit dem – den meisten Menschen innewohnenden – Wunsch ERSTER SEIN zu tun?
Es ist ja in vielen Beriechen so: Badeanzüge und Sandalen muss man im Winter kaufen, im Sommer gibt’s keine Auswahl mehr. Aber einen Wintermantel dann möglichst im Sommer … Such mal im November ein paar schöne Winterstiefel! Gängige Größen sind dann ausverkauft!
Wenn wir aber mal ein Produkt von uns in der Presse unterbringen wollen und es ist nicht ganz und gar neu, dann heißt es: Das geht nicht, was haben Sie als Novität und wann können Sie uns das schicken?
Ich warte auf die Zeit, wo wir uns selber überholt haben, getreu dem Motto der alten DDR “Überholen ohne einzuholen” (da hab ich mich auch immer gefragt, was damit eigentlich gemeint ist).
Heyho, ich seh das genau so. Im Fall Kai Meyer habe ich mich dann gefragt, wie er denn schon wieder ein Buch veröffentlichen kann. So schnell hintereinander. Ich Zweifel dann auch schon mal schnell am Autor, weil ich Fließbandproduktion nicht zwangsläufig als qualitativ hochwertig bezeichnen kann. Und zu meiner Zeit als Buchhändlerin, habe ich es als sehr anstrengend empfunden mich während der Weihnachtszeit auf die Einkaufsbörse vorzubereiten. Während der Arbeitszeit hat man da i.d.R. sowieso keine Zeit zu. LG, Mandy
Ich stimme da voll und ganz zu – sowohl als Buchhändlerin, als auch als Autorin. Die Neuerscheinungen haben kaum eine Chance auf dem Regal der Buchhandlungen Beachtung zu finden, bevor sie schon wieder für die neuesten Bücher Platz machen müssen. Und Autoren sollen immer schneller schreiben 🙁
[…] Heute möchte ich mit euch einen weiteren Blick in das kommende Herbstprogramm 2014 werfen. Meine erste Vorschau beschäftigte sich mit dem Kinderbuchprogramm des NordSüd Verlags. Leider, was ich ein bisschen schade finde, scheint das nicht allzu viel Interesse geweckt zu haben, weswegen ich mir Gedanken machte, ob ihr überhaupt einen Blick in die Verlagsprogramme aus meiner Sicht lesen wollt. Ich weiß, dass das Bücherjahr noch recht jung ist, die Frühjahrsprogramme sind noch gar nicht gelesen, da steht schon der literarische Herbst sozusagen vor der Tür. Wir bräuchten alle mehr Lebenszeit, um alle Bücher lesen zu können. Ebenso wünsche ich mir eine längere Aufmerksamkeitsspanne für das aktuelle Programm, das nach weniger als einem halben Jahr schon wieder auf die Backlist wandert. Die Buchbranche bewegt sich in rasantem Tempo vorwärts, das ist nicht zu übersehen und wie Stefanie Leo schon so treffend formulierte, ein wenig Entschleunigung wäre vielleicht gar nicht verkehrt. […]