Ich kann mich noch gut an die Zeit ohne Kinder erinnern. Damals, als einem andere junge Eltern erzählten, dass man über das Kinderkriegen und Elternsein doch lesen könne, was man wolle, am Ende würde einen der Zustand ohnehin umhauen. Jaja, dachten auch wir, lass sie mal erzählen, vermutlich haben sie einfach nur nicht genug gelesen, denn wir konnten uns schließlich sehr genau vorstellen, wie es wohl sein würde, wenn wir irgendwann mal eigene Kinder haben würden.
Fünf Wochen vor dem errechneten Termin hielten wir ach so belesenen Eltern schließlich unser erstes Würmchen in den Armen. Klein war es, gesund auch, etwas trinkfaul, weshalb es noch ein wenig auf die Frühchen-Station musste. Und alle Bibliotheken dieser Welt hätten uns auf diesen Moment nicht vorbereiten können.
Was einem vor kurzer Zeit noch lebenswichtig erschien, verkommt mit der Liebe und Verantwortung für ein eigenes Kind plötzlich zur Nebensache, innerhalb kürzester Zeit schiebt dieses kleine Menschlein die wirklich wichtigen Dinge des Lebens in den Vordergrund.
Nun sind wir (mittlerweile sogar dreifache) Eltern, haben unser Bestes gegeben (und tun es immer noch), um diese hilflose Wesen auf ihrem Weg zu unterstützen, gute Menschen zu werden. Wir begleiteten ihre ersten Worte und Schritte, wachten an ihren Betten, wenn das Fieber viel zu hoch war, pusteten unendlich viele “Auas” weg, weinten ganz schrecklich beim ersten Tag im Kindergarten und nicht weniger beim Abschied in der Grundschule.
Wo ist bloß die Zeit geblieben? So vieles, was mir machen wollten, und plötzlich seid ihr groß und geht schon so oft eure eigenen Wege.
Die Karte, die wir zur Geburt unseres ersten Sohnes Tom verschickten, hatte folgenden Text aufgedruckt, der mir schon damals die Tränen in die Augen trieb.
Kleine Hand in meiner Hand
Kleine Hand in meiner Hand,
Ich und du im jungen Grase,
Ich und du, im Kinderland
gehen wir auf der langen Strasse:
Deine Hand in meiner Hand!Kleine Hand in meiner Hand,
Die einander zärtlich fassen:
Ich und du, nichts hat Bestand.
Einmal, ach! muss ich dich lassen,
Kleine Hand aus meiner Hand.Kleine Hand in meiner Hand,
Kleiner Schritt bei meinem Schritt,
Kleiner Fuss im weiten Land:
Einmal geh ich nicht mehr mit.
Einmal gehst du ohne mich,
Wie ein Traum mein Bild verblich.Friedrich Schnack
Sechzehn Jahre und ein paar Tage sind seitdem vergangen und am Freitag heißt es für uns Eltern “Einmal, ach! muss ich dich lassen, Kleine Hand aus meiner Hand.”
Klein sind die Hände und das ganze Frühchen schon lange nicht mehr. Stattliche 1,90 m ist Tom mittlerweile groß, seine Fachoberschulreife hat er seit dem Sommer in der Tasche und nun zieht es ihn in die Ferne. Mit der Organisation AFS wird er die nächsten 10 Monate in einer Familie in Norwegen verbringen und dort auch zur Schule gehen.
Zurück bleiben zwei Brüder und ein paar Eltern, die sich in der neuen Familienkonstellation erst einmal zurecht finden müssen, wissend, dass wir unseren Großen als jungen Mann zurück bekommen werden.
“Ha det bra, lieber Tom!” – wir wünschen dir die schönste Zeit deines Lebens.
#ganzgenauso
🙂
Hach, da schluck ja selbst ich und dabei ist das gar nicht mein Kind … Alles Gute euch allen, besonders dem Norweger Tom! 🙂
Dankeschön.
Hach – davon sind wir noch weit ab von. Es ist natürlich eine tolle Erfahrung fprs Kind, aber sicherlich auch etwas schwer für die Eltern. Aber ihr scheint ja alle vorbereitet zu sein und die Zeit vergeht dann sicherlich wie im Flug 🙂
🙂
Ihr packt das und ihr werdet hinterher kaum fassen, wo die 10 Monate geblieben sind! So ging es mir zumindest im Juni, als mein Großer nach seinem Highschool-Jahr zurück kehrte. Als gereifter und selbstsicherer Kerl, trotz seiner gerade mal 16 Jahre. Es war die absolut richtige Entscheidung.
Vermutlich wird es genau so sein. Aber Abschied ist eben nie leicht.
[…] mit der Organisation AFS machten wir vor gut drei Jahren als unser ältester Sohn sich für ein Auslandsjahr in Norwegen entschied. So verbrachte er das 11. Schuljahr in Randaberg nahe Stavanger. Schon damals fühlten […]