Mein Alltag und ich
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Der Blick durchs Schlüsselloch

Heute möchte ich euch eine etwas schräge Geschichte erzählen, die sich vor langer Zeit ereignet hat. Vermutlich klingt sie ein wenig verrückt und dennoch ist sie mir damals in den 1980er Jahren so passiert. Dass ich heute darüber schreibe, liegt daran, dass sie sich vor ein paar Tagen in ähnlicher Weise wiederholt hat.

Der Blick durchs Schlüsselloch

Kennt ihr dieses Gefühl, für einen Augenblick – sagen wir mal maximal fünf Sekunden – zu glauben, die Welt zu verstehen? Komische Frage, ich weiß. Ich hatte dieses Gefühl das erste Mal in der Schule, im Mathe-Leistungskurs. … ich sagte ja, dass die Geschichte ein wenig verrückt klingt.

Ich habe Mathe tatsächlich immer gerne gemacht und an besagtem Tag in der Oberstufe fügte sich in meinem Kopf plötzlich alles zum großen Ganzen zusammen. Tatsächlich hatte ich für einen Moment das Gefühl, die komplexen Strukturen der Mathematik komplett zu verstehen. Es war als hätte man mir einen kurzen Blick durchs Schlüsselloch gewährt, um mir zu zeigen, was war, was ist und was sein kann. Dieses Gefühl damals war ungeheuer befriedigend, beruhigend und irgendwie sehr friedlich. Und es war genauso schnell weg, wie es gekommen war.

Den Mathe-LK habe ich schließlich erfolgreich überstanden, die Schule beendet, eine Ausbildung begonnen, mein Leben gelebt – diesen Moment aber nie vergessen.

Hoffnung auf der anderen Seite der Tür

Die letzten eineinhalb Jahre meines Lebens waren teilweise recht holprig. Häufig auch durchaus positiv holprig, aber mit Blick auf das große Ganze, also auf politische und gesellschaftliche Veränderungen, doch eher sehr beunruhigend. Umso mehr versuche ich, ein anständiges Leben zu führen – aufrecht, integer, menschlich. Meistens bin ich voller Hoffnung für die Zukunft, doch manchmal kommen die Einschläge so nah, dass ich das Beben förmlich unter meinen Füßen spüre.

Genau in so einem Moment des Zweifelns sah ich vor ein paar Tagen erneut durch das Schlüsselloch. Dieses Mal ging es nicht um mathematische Formeln, sondern um menschliche, die die Welt zusammenhalten. Und wieder hatte ich genau dieses Gefühl wie vor fast dreißig Jahren, ein Gefühl zu wissen, wie alles zusammenpasst. Ich blickte für wenige Sekunden auf eine sehr erstrebenswerte Zukunft und ich wusste, dass sie möglich ist.

Egal, ob ihr die Geschichte für vollkommen verrückt haltet, für mich war dieser Moment sehr real. Vielleicht steckt tiefer Glaube dahinter, vielleicht Spiritualität, nennt es, wie ihr es wollt. Mich hat dieser erneute Blick durchs Schlüsselloch beflügelt und voller Hoffnung und Zuversicht zurückgelassen und das ist es, was für mich zählt.

Foto: CC0 Antranias/Pixabay

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