Wie geht es euch, wenn ihr den Begriff “Nachhaltigkeit” hört? Für meinen Geschmack könnte er durchaus sparsamer verwendet werden, denn der inflationäre Gebrauch verwässert die eigentlich so klare und positive Botschaft, die ihren Ursprung in der Forstwirtschaft Anfang des 18. Jahrhunderts hat. Damals legte der Oberberghauptmann des Erzgebirges Hans Carl von Carlowitz eine Abhandlung über wirtschaftlichen Waldbau, die “Sylvicultura Oeconomica” vor. Sie besagte, dass nicht mehr Holz gefällt werden durfte, als jeweils nachwachsen konnte. Carlowitz nannte das “continuirliche beständige und nachhaltende Nutzung”. Sehr knapp formuliert bedeutet Nachhaltigkeit also, etwas für künftige Generationen zu bewahren und die eigenen Bedürfnisse für dieses Ziel einzuschränken.
Der Begriff der Nachhaltigkeit taucht aber mittlerweile weit über diesen ökologischen Diskurs hinaus auf. In anderen Zusammenhängen will er vielmehr sagen, dass wer nachhaltig handelt, es ernst meint und nicht nur auf seinen Erfolg schaut. Kein Wunder also, dass das Wort Einzug in die Politik gehalten hat, selbst Dax-Konzerne fertigen Nachhaltigkeitsberichte an und um das ganze auf die Spitze zu treiben, lobt der Stuttgarter Flughafen sogar einen Preis für nachhaltiges Fliegen aus. Ein wenig fühle ich mich an das Präfix “Bio” erinnert, mit dem man eben auch schlabbriges Gemüse und dunkelbraune Bananen verkaufen kann.
Glücklicherweise macht die Nachhaltigkeitsstrategie meiner Heimatstadt auf mich einen soliden und durchdachten Eindruck. Als eine von 30 Kommunen in NRW nimmt Solingen am Projekt „Global nachhaltige Kommune NRW“ teil und verabschiedete bereits im September 2018 einstimmig das rund 140 Seiten umfassende Gesamtkonzept (PDF, 5,9 MB).
Am vergangenen Freitag fand mit dem Untertitel “Veränderung erleben, gestalten, weiterdenken!” die 4. Nachhaltigkeitskonferenz statt. Vor der eigentlichen Konferenz hatten die Teilnehmer die Möglichkeit einen von 12 Orten der Veränderung zu besuchen. Diese Impulsprojekte basierten auf den priorisierten Themenfeldern der Stadt: Gesellschaftliche Teilhabe, Natürliche Ressourcen und Umwelt, Klima und Energie, Mobilität, Arbeit und Wirtschaft, Globale Verantwortung und Eine Welt. Die Liste dieser Orte und Videos zu den einzelnen Projekten findet man auf der Webseite der Stadt.
Gerne hätte ich mich geteilt, denn es gab einige Aktivitäten, über die ich gerne mehr erfahren hätte. Am Ende habe ich mich für “Solingen summt! Gemeinsam für Insektenvielfalt” entschieden.
Diese Arbeitsgruppe, die sich vor gut einem Jahr gegründet hat, beschäftigt sich mit Maßnahmen gegen das Insektensterben und hat schon einige beeindruckende Projekte in Solingen losgetreten, u.a. Insektenhotels in Kitas aufgestellt, Blühpatenschaften mit Landwirten getestet, Flyer für bunte Vorgärten herausgegeben, insektenfreundliches Straßenbegleitgrün gepflanzt.
In der anschließenden Konferenz wurden die bisherigen Maßnahmen weitergedacht und neue Pläne entworfen. Die AG Solingen summt! trifft sich das nächste Mal am Dienstag, den 3. März um 17:30 Uhr bei den Technischen Betrieben an der Dültgenstaler Straße 61. Weitere Infos erteilt gerne Dirk Martens. Da werde ich auf jeden Fall vorbeischauen! Und natürlich hoffe ich, in der Zusammenfassung der Ergebnisse der Konferenz auch noch mehr über die anderen Projekte zu erfahren.
Ich bin gespannt, wie die Veränderungen in meiner Stadt trotz angespannter finanzieller Lage weitergehen. Da ist sicherlich so manche Kreativität gefragt. Ich werde weiter berichten …