Autor: Stefanie Leo

Alles könnte anders sein: Eine Kritik

In Daniel Pennacs Werk “Wie ein Roman” plädiert der Autor für die unantastbaren Rechte des Lesers. Vom 3. Recht, ein Buch nicht zu Ende zu lesen, mache ich nun Gebrauch und beende Harald Welzers “Alles könnte anders sein” nach nur 100 gelesenen Seiten. Nur fertig gelesene Bücher dürfen rezensiert werden Dies wiederum ist eine der Regeln, die ich mir und meiner Nachwuchsredaktion, den Bücherkindern, auferlegt habe. Für den erzählenden Roman gilt sie in meinen Augen auch unbedingt, denn so manche Geschichte kommt nach einem schwachen Start noch richtig in Fahrt, manch anderes Buch wiederum enttäuscht auf den letzten Seiten. Aber gilt die Regel auch für Ratgeber? Vielleicht. Dennoch möchte ich meine Meinung zu den ersten 100 Seiten niederschreiben und meine Kritik am Buch erklären. Alles könnte anders sein Eigentlich mache ich – soweit vorhanden – von der Möglichkeit Gebrauch, vorab ein paar Seiten eines Buches zu lesen, bevor ich es kaufe. Viele Verlage bieten das Hineinblättern in ihre Titel beispielsweise auf der Verlagswebseite an. Bei “Alles könnte anders sein” habe ich mir das jedoch erspart, …

Unfog your mind

Ich habe ein Faible für schön gestaltete Bücher. Dies ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass ich in meinem letzten Leben einmal den altehrwürdigen Beruf der Schriftsetzerin erlernt habe. Es ist mir daher immer eine besondere Freude, die Bücher des Verlags Hermann Schmidt aus Mainz in meinen Händen zu halten, der wie kein anderer Inhalt und Text verbindet, in der Gestaltung seiner Titel neue Wege beschreitet und so für noch mehr Freude beim Lesen sorgt. Unfog your mind Mit jeder Menge Denkanstößen, kurzen Experimenten und Lifehacks pustet der Philosoph und Speaker Leander Greitemann in 20 Kapiteln den Nebel weg, der uns häufig im wahrsten Sinne des Wortes unseren Geist vernebelt, uns der Leichtigkeit beraubt und Veränderungen im Leben unmöglich erscheinen lässt. Die Mischung aus eigener Erfahrung, humorvollen Anekdoten, dennoch wissenschaftlich fundiert lässt einen förmlich durch die Seiten fliegen. Hier ist die außergewöhnlich schöne Gestaltung durch Katrin Schacke zu erwähnen, die den Lesegenuss gleich noch zum Augenschmaus werden lässt. Einen Blick ins Buch kann man auf der Seite des Verlags werfen. Bitte HIER entlang … Markieren …

Im Grunde gut

Die Frage, ob der Mensch im Grunde gut oder eben doch schlecht sei, hat sich vermutlich jeder von uns schon einmal gestellt. Ich bin seit jeher der Überzeugung, dass der Mensch ein Guter ist, doch häufig rütteln Forschungsergebnisse, Nachrichten und nicht zuletzt aktuelle Entwicklungen an meinem positiven Menschenbild. Bröckelt in extremen Krisen oder Momenten großer Wut tatsächlich die moralische Fassade wie der Philosoph Thomas Hobbes (1588 – 1679), bekannt für seinen Ausspruch  „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.“, behauptet? Im Grunde gut Wer wie ich an das Gute im Menschen glaubt, wird gerne belächelt und als naiv abgetan. Außerdem muss man sich ja nur umschauen, um zu sehen, dass ich eigentlich nur im Unrecht sein kann. Aber was, wenn das eben nur die gefühlte Wahrheit ist? Was wenn sich wissenschaftliche Belege für den guten Menschen finden lassen? Der Historiker Rutger Bregman hat sich nicht nur sprichwörtlich auf den Weg gemacht, anhand von Erkenntnissen aus Psychologie, Ökonomie, Biologie, Geschichte und Archäologie nachzuweisen, dass unser Vorstellung vom Menschen auf falschen Schlussfolgerungen beruht. So führten ihn beispielsweise …

Marianengraben

Der Marianengraben. Die tiefste Stelle des Weltmeeres. Elftausend Meter tief. Dort unten vollkommene Dunkelheit. Diese Dunkelheit begleitet die Biologin Paula nun schon zwei Jahre lang. Nach dem Tod ihres 10-jährigen Bruders Tim ist der Marianengraben zum Inbegriff ihrer Trauer geworden, die Zahl 11000 steht für die Tiefe ihrer Depression und ist zugleich Überschrift des ersten Kapitels. Was nun folgt ist alles andere als eine schwermütige Geschichte. Ganz im Gegenteil, Jasmin Schreiber gelingt ein schriftstellerisch brillanter Spagat zwischen zutiefst gefühlter Trauer und herrlicher Situationskomik, die weder albern noch deplatziert wirkt. Nach 25 gelesenen Seiten beschert mir das skurrile Zusammentreffen von Paula, dem schrulligen Helmut und einer Urne auf dem nächtlichen Friedhof die ersten Lachtränen und setzt zugleich den Startpunkt für eine ganz besonderen Reise, auf der das ungewöhnliche Duo Asche verstreut und Trauer bewältigt. Ich lese mich durch weitere lustige und tieftraurige Momente, erlebe wie Paula Seite für Seite aus dem Marianengraben auftaucht und die Zahlen der Kapitel-Überschriften immer kleiner werden. Lediglich einen Satz im Buch habe ich mir markiert, obwohl sicherlich vieles markierenswert gewesen wäre. …